Dauer: 90 Min.
Interviewer*innen (4-5), Beobachter*innen, Zeitzeug*in
3 Arbeitsmaterialien
Technische Voraussetzungen: ggf. Diktiergerät, Digicam
Kurzbeschreibung
Thema des Lernmoduls
Das Lernmodul 3 ist auf die Begegnung der Schüler*innen mit dem/der Zeitzeug*in sowie auf das von den Schüler*innen weitgehend eigenständig durchgeführte Zeitzeugengespräch ausgerichtet.
Didaktische Hinweise:
Gespräche mit Zeitzeugen im Rahmen schulischer Bildung sollen keine wissenschaftlichen Maßstäbe erfüllen. Sie sind vielmehr als ein Lernangebot zu verstehen, in dem die Schüler*innen eine Methode der Annäherung bzw. Auseinandersetzung mit einem historischen Thema erproben können. Damit dies gelingt, ist nicht nur eine methodisch fundierte und pädagogisch angeleitete Vor- und Nachbereitung wichtig. Auch die Begegnung zwischen den Schüler*innen und dem/der Zeitzeug*in braucht einen geschützten Rahmen, damit sie vertrauensvoll verlaufen kann. Nachfolgende Bedingungen können diesen Rahmen schaffen:
- Vorbereitung des/der Zeitzeug*in: Das Interviewsetting vorab mit dem/der Zeitzeug*in besprechen, bspw: Schüler*innen als Interviewende, Lernstand der Schüler*innen, Ziele und angestrebte Ergebnisse des Interviews, Bedingungen des Intervieworts.
- Raumauswahl: angenehme Atmosphäre und Akustik.
- Zeitrahmen: mind. 60 Min., max. 90 Min., da Zeitzeugengespräche ein hohes Maß an Konzentration bei allen Beteiligten erfordern.
- Dialog geht vor Monolog: vorbereitete Fragen und Rollen sind der Leitfaden für einen Gesprächsverlauf, aber kein starres Korsett.
Lernziele:
- Die Schüler*innen erproben und reflektieren erworbenes Theoriewissen zur Methode “Leitfadengestütztes Zeitzeugeninterview”.
- Die Schüler*innen erhalten zusätzliches Wissen über die Lebensgeschichte des/der Zeitzeug*in.
- Die Schüler*innen lernen, die im Zeitzeugeninterview beobachteten und gehörten Informationen in Sinneinheiten zu sichern.
Ablaufvorschlag
Arbeitsphase 1
Lernziel:
Die Schüler*innen sind in die Lernsituation “Durchführung eines Zeitzeugeninterviews” eingeführt.
Inhalt:
Diese Arbeitsphase dient den Schüler*innen, den/die Zeitzeug*in zu begrüßen und eine möglichst vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre aufzubauen. Sie soll zudem Raum geben, die verschiedenen Rollen einzunehmen.
Umsetzung:
- Die Lehrkraft bzw. ein/eine Schüler*in stellt den/die Zeitzeug*in vor und gibt dem/der Zeitzeug*in die Möglichkeit, diese Vorstellung zu ergänzen.
- Die Lehrkraft bzw. ein/eine Schüler*in erläutert dem/der Zeitzeug*in den Stand der Vorbereitungen und erklärt die verschiedenen Rollen: Vorstellung der Interviewer*innen und ihrer Themenschwerpunkte, Vorstellung der Beobachtungsgruppe.
- Die Lehrkraft bzw. ein/eine Schüler*in übergibt die Moderation an die für diese Aufgabe ausgewählten Schüler*innen.
Arbeitsphase 2
Lernziel:
Die Schüler*innen erproben erworbenes Theoriewissen zur Methode “Leitfadengestütztes Zeitzeugeninterview”. Sie erhalten darüberhinaus zusätzliches Wissen über die Lebensgeschichte des/der Zeitzeug*in.
Inhalt:
Durchführung des Zeitzeugeninterviews
Umsetzung:
Vorbereitung: Die Lehrkraft druckt das Arbeitsblatt “Einverstaendniserklärung Zeitzeuge Veröffentlichung” aus; die Schüler*innen nehmen ihre vorbereiteten Interviewleitfäden bzw. ihre Beobachtungsbögen zur Hand.
- Die Interviewer*innen führen das Zeitzeugeninterview anhand ihres Leitfadens und der darin festgehaltenen Themenschwerpunkte und Fragen durch
(ca. 10-15 Min. pro Interviewer*in bzw. Themenschwerpunkt). - Die beobachtenden Schüler*innen dokumentieren anhand des Beobachtungsbogens stichpunktartig den Interviewverlauf, halten Kernaussagen wörtlich fest und notieren sich vertiefende Fragen, die sie am Ende des Interviews stellen möchten.
- Die Schüler*innen des Interviewteams moderieren die Gesprächsrunde, in der zunächst Fragen aus dem Podium an den/die Zeitzeug*in und später auch Fragen von dem/der Zeitzeug*in an die Schüler*innen zugelassen sind.
- Die Interviewer*innen danken dem/der Zeitzeug*in und geben ggf. ein zusammenfassendes Feedback zum Interviewverlauf.
- Die Schüler*innen verabschieden den/die Zeitzeug*in.
- Die Lehrkraft fragt den/die Zeitzeug*in nach dem Einverständnis zur Veröffentlichung der Interviewaufnahmen. Die Zustimmung vorausgesetzt, lässt sich die Lehrkraft das Einverständnis dokumentieren.
Arbeitsphase 3
Lernziel:
Die Schüler*innen reflektieren die Interviewsituation.
Inhalt:
Diese Arbeitsphase dient dem Sammeln, Sortieren und der ersten Auswertung des Verlaufs und der Ergebnisse der Interviewsituation.
Umsetzung:
- Die Lehrkraft ermutigt die Interviewer*innen, ihre unmittelbaren Emotionen zum Interviewverlauf zu äußern. Sie fragt nach Höhepunkten und schwierigen Phasen im Interview.
- Die Lehrkraft bittet die beobachtenden Schüler*innen, unmittelbare Eindrücke rückzumelden.
- Die Lehrkraft äußert eigene unmittelbare Eindrücke und ordnet besondere Momente ein.
Hausaufgabe
Lernziel:
Die Schüler*innen lernen, die im Zeitzeugeninterview beobachteten und gehörten Informationen geordnet nach Sinneinheiten zu sichern.
Inhalt:
Die Hausaufgabe dient der Dokumentation des Interviews. Entlang der einzelnen Fragen fassen die Schüler*innen das Gehörte und Beobachtete schriftlich in Sinneinheiten zusammen.
Umsetzung:
- Die Schüler*innen des Interview-Teams protokollieren mithilfe des Arbeitsblatt “Gedächtnisprotokoll Interviewer” ihre Erinnerungen an das Interview.
- Die Schüler*innen der Beobachtergruppe ergänzen das Arbeitsblatt “Beobachtungsbogen Zeitzeugeninterview” um ihre Erinnerung und Beobachtungen an das Interview.
Alternativen zum Live-Interview
Interview über Videotelefonie (Skype & Co.):
Geeignete Variante, wenn ein vor-Ort-Gespräch nicht möglich ist und der/die Zeitzeug*in sich damit einverstanden erklärt. Vorausgesetzt werden entsprechende technische Bedingungen, die zuvor getestet werden sollten: stabile und starke Internetverbindung auf beiden Gesprächsseiten, großer Monitor bzw. Beamer, leistungsstarke Kamera und Lautsprecher, damit die Schüler*innen sowie der/die Zeitzeug*in das Gespräch sehen und hören können.
Interview per Sprachnachrichten (Messengerdienste wie Whatsapp, Threema & Co.):
Ebenso eine geeignete Variante bei Gesprächsbereitschaft des/der Zeitzeug*in, wenn ein vor-Ort-Gespräch nicht möglich ist. Vorteil: Stimmlage, Sprechtempo, Ausdruck etc. des/der Zeitzeug*in können im Nachhinein mit analysiert werden. Mehrere Zeitzeugengespräche können parallel durchgeführt und im Nachhinein verglichen werden. Nachtteil: Keine Möglichkeit für visuelle Eindrücke und spontane Nachfragen aus dem Podium. Zeitliche Verzögerungen im Gesprächsverlauf.
Dokumentarfilme über die Wendegeneration von Andreas Voigt
- “Alles andere zeigt die Zeit” / Dokumentarfilm, 95 min, Dtl., 2015.
- “Glaube, Liebe, Hoffnung” / Dokumentarfilm, 88 min, Dtl., 1994.
Interviewtranskript oder Zeitzeugenvideo:
Auch Zeitzeugenberichte als Video oder als Textfassung eignen sich für die historisch-politische Bildung. Sie sind jedoch eine reduzierte Form der Zeitzeugenarbeit, da sie weder eine Gesprächssituation noch eine persönliche Begegnung bieten können. Daher eigenen sie sich eher für quellenkritische Aufgabenstellungen.
Beispiel:
- Die Schüler*innen lesen die Kurzbiografie des/der Zeitzeug*in. Sie klären erste Fragen zum Textverständnis.
- Die Schüler*innen erarbeiten in Arbeitsgruppen Fragen, die sie an die Biografie des/der Zeitzeug*in haben. Die Fragen werden im Plenum vorgestellt und mit Hilfe der Lehrkraft nach Themenschwerpunkten geclustert.
- Die Schüler*innen sehen/lesen den Zeitzeugenbericht vollständig oder in Auszügen. Arbeitsteilig notieren sie
- Informationen, die zur Beantwortung ihrer Fragen dienen,
- allgemein relevante Informationen, bspw. zum historischen Kontext,
- charakteristische Aussagen, die bspw. entscheidende Einflüsse für den Lebensweg, die Wertung historischer Ereignisse oder das Geschichtsbild des/der Zeitzeug*in haben.
- Die Schüler*innen analysieren die gewonnenen Informationen, bspw. die Erzählweise, die eingesetzten sprachlichen Mittel, die geäußerten Deutungen.
- Die Schüler*innen kommen abschließend zu einer persönlichen Beurteilung, bspw. der Zeitzeugenerzählung, dem Angebot von Zeitzeugenberichten oder auch der Motive der Zeitzeugenschaft. (Empfehlung: Siehe WebQuest zum Thema “Analyse von Zeitzeugenerzählungen” im Menü “Hintergrundmaterial” dieses Lernmoduls.)
Arbeitsmaterial
Diese Arbeitsmaterialien werden zur Umsetzung des Lernmoduls benötigt:
- Arbeitsblatt: “Beobachtungsbogen Zeitzeugeninterview”
- Arbeitsblatt: “Gedächtnisprotokoll Interviewer”
- Arbeitsblatt: “Einverständniserklärung Zeitzeuge Veröffentlichung”
Hintergrundmaterial
Die folgenden Hintergrundmaterialien werden Lehrkräften und Schüler*innen empfohlen, um ein tiefergehendes Verständnis der Thematik dieses Lernmoduls zu erlangen.
- Text: Kurzbiografie des/der ausgewählten Zeitzeugen*in
- Text: “Bleib nicht stumm … Zeitzeugengespräche führen”
- Text: “Gelebte Geschichte. DDR-Zeitzeugen in Schulen.” Broschüre für Lehrkräfte
- WebQuest zum Thema “Analyse von Zeitzeugenerzählungen”:
Elena Demke: Zeitzeugnis, Selbstzeugnis, redaktionelles Material. DDR-Erinnerungen im Internet und Nutzungsmöglichkeiten in der politisch-historischen Bildung, in: Christian Ernst (Hrsg.), 2014: Geschichte im Dialog? “DDR-Zeitzeugen” in Geschichtskultur und Bildungspraxis, Wochenschau-Verlag, S. 206-223; insbesondere S. 218ff.