Kurzbiografie
Im September 1989 wird Johannes eingeschult. Die Schule beginnt noch nach
DDR-Verhältnissen. In den ersten Schulwochen werden die Erstklässler bei den Jungpionieren aufgenommen. Doch Johannes‘ Eltern wollen nicht, dass er ein Pionier wird, denn sie stehen der DDR kritisch gegenüber. Deshalb darf Johannes, wie auch zwei weitere Mitschüler seiner Klasse, nicht an der Aufnahmezeremonie teilnehmen.
Johannes Mutter engagiert sich in der Bürgerbewegung und sie nimmt ihn mit zu einigen Montagsdemonstrationen. Er erinnert sich daran, dass ihm manchmal das Kerzenwachs auf die Hände tropft. Eines Tages hört die Familie, dass die Stasi-Zentrale in der Stadt besetzt werden soll. Ein Elternteil nimmt an dieser Besetzung teil, der andere bleibt bei den Kindern.
Das erste Silvester nach dem Fall der Mauer feiert die Familie in Göttingen bei Freunden. Johannes erinnert sich bis heute, dass die Kinder der Freunde Sternenaufkleber an den Wänden hatten, die im Dunkeln leuchteten und ihn faszinierten.
Auf ihren ersten Reisen nach dem Mauerfall besucht die Familie Bekannte und Freunde in Westdeutschland. Mit Freunden in Frankfurt am Main tauschen sie für einen Urlaub ihren Trabi gegen einen Mitsubishi, mit dem sie dann weiter nach Italien fahren.
In den 1990er-Jahren beobachtet Johannes, dass in seinem Umfeld Familien auseinanderbrechen und seine Freunde teilweise nur noch bei einem Elternteil aufwachsen. Seine Eltern bleiben hingegen zusammen und nutzen in der Wendezeit die neugewonnenen Freiheiten. Johannes‘ Mutter studiert noch einmal und sein Vater übernimmt eine Praxis. Zudem erinnert sich Johannes, dass trotz mancher finanzieller Engpässe und dem Gefühl der Unsicherheit, die Familie dem Wandel positiv und optimistisch gegenüberstand.
Johannes’ erster Berufswunsch ist Archäologe. Alte Mauern und Ruinen faszinieren ihn. Später will er Journalist oder Weltreisender werden. Nach dem Abitur entscheidet er sich dann für das Studium der Politikwissenschaften.
Als Jugendlicher setzt er sich häufig mit den politischen Ereignissen im Herbst 1989 auseinander. Er erinnert sich insbesondere an ein Buch, das Bilder von den Ereignissen um den Dresdner Hauptbahnhof am 4. Oktober des Jahres zeigte. Darauf sieht man, wie tausende Fluchtwillige versuchen, auf die durchfahrenden Züge aufzuspringen, die von Prag aus nach Westdeutschland führen. Die Polizei versucht, sie gewaltsam davon abzuhalten. Seine eigenen politischen Ansichten sind geprägt durch diese Zeit. Es geht ihm um Gerechtigkeit und Teilhabe. In den 1990er-Jahren heißt das: links sein. Er engagiert sich, wo immer es geht: als Klassensprecher, Froschretter, Austauschschüler, Schülerzeitungsredakteur und schließlich Politikstudent. Er geht seinen Weg ohne ganz genauen Plan, aber immer mit dem Gefühl, dass noch etwas Spannendes zu finden ist.
Heute lebt und arbeitet Johannes in Berlin.
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